Innovation

Starthilfe für Geistesblitze

Berlins Forschungslandschaft und Unternehmensnetzwerke bieten beste Voraussetzungen für Innovationen. Unter anderem soll die Start-up-Factory Unite Akteure aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammenbringen.

Werner von Siemens ließ 1881 die erste elektrische Straßenbahn in Berlin-Lichterfelde fahren. Ein Jahr zuvor hatte der Elektroingenieur auf der Gewerbeausstellung bereits den ersten elektrischen Aufzug präsentiert. Auf der Funkausstellung 1931 stellte Manfred von Ardenne den vollelektronischen Fernsehempfang vor. Thermoskanne, Quarzuhr, DIN-Normen und das Tonband  feierten in Berlin ihre Premieren. Bahnbrechende Erfindungen kamen und kommen immer noch aus der Hauptstadt. Dafür sorgen Traditionsunternehmen, Start-ups sowie eine der größten und vielfältigsten Wissenschaftsregionen in Europa.

„Berlin ist ein Hotspot für Innovation – ein Ort, an dem kreative Energie, unternehmerischer Mut und wissenschaftliche Exzellenz aufeinandertreffen“, sagt Sonja Jost, Vizepräsidentin der IHK Berlin. Deren Vision „Für ein innovativ wachsendes Berlin“ betone, dass Innovation nicht nur technologisch, sondern auch sozial gedacht werden müsse. „Wenn Berlin nicht Durchschnitt sein möchte, müssen internationale Standards gesetzt und Wirkung entfaltet werden.“ Durch eine dichte Forschungslandschaft mit mehr als 100 Hochschulen und außeruniversitären Einrichtungen, 24 hoch zitierten Spitzenforschenden und einer überdurchschnittlichen F&E-Aktivität in der Wirtschaft bestehen hierfür beste Voraussetzungen. Gleichzeitig zeigt aus Sicht von Jost die schwache Platzierung in der Exzellenzinitiative, dass Berlin sein Potenzial längst noch nicht ausschöpft.

Sonja Jost, IHK-Vizepräsidentin

Festival der Berliner Wirtschaft

Wie die Stadt noch innovativer werden kann, darum geht es auch beim Festival der Berliner Wirtschaft am 11. September im Ludwig Erhard Haus. Zum Programm, das sich an Berliner Unternehmer richtet, die sich zukunftssicher und erfolgreich aufstellen möchten, gehören Podiumsdiskussionen, die Präsentation von Best Practices, Workshops zu Innovationsstrategien und eine interaktive Ausstellung. Im Mittelpunkt stehen die Anwender, die Antworten auf Fragen bekommen sollen, wie ihr Unternehmen zukunftsfähig bleibt, was Mitarbeitende brauchen, um Innovationen mitgestalten zu können, und mit welchen Netzwerken und Partnerschaften sie ihre Ziele besser erreichen können.

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Innovation in Unternehmen

Festival der Berliner Wirtschaft 2025

Am 11. September 2025 wird das IHK Berlin Haus zum Treffpunkt für alle Unternehmerinnen und Unternehmer, die Innovation aktiv gestalten wollen. Bei unserem Festival erwarten Sie inspirierende Keynotes, praxisnahe Workshops, spannende Podiumsdiskussionen und viel Raum für Austausch.

Ob Innovationsstrategien, Künstliche Intelligenz oder Regulierungsfragen: Hier treffen Sie auf Fachleute, Führungskräfte und Innovationsinteressierte, die ihre Erfahrungen teilen und Einblicke in innovative Projekte geben.

Allein ist man oft zu klein, diese Erkenntnis hat sich auch beim Thema Innovation durchgesetzt. Die Landesregierungen beschlossen deshalb schon 2019 die „Gemeinsame Innovationstrategie der Länder Berlin und Brandenburg“ (innoBB 2025). Ihre Vision: die Hauptstadtregion zu einem führenden Innovationsraum in Europa entwickeln und den richtigen Rahmen setzen, damit die Akteure in den Clustern Energietechnik, Gesundheitswirtschaft, IKT, Medien und Kreativwirtschaft, Optik und Photonik sowie Verkehr, Mobilität und Logistik innovative Lösungen für die Herausforderungen von morgen entwickeln können. 

Wie in der ersten Phase werden auch bei der jetzigen Erneuerung der Strategie Stakeholder der Region eng eingebunden, unter anderen die IHK Berlin, vertreten durch ihren Ausschuss „Innovative und wissensgetriebene Stadt“. „Wir brauchen eine noch stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure und auch eine größere Transparenz ihrer Aktivitäten“, sagt Ausschuss-Mitglied Mirco Dragowski. Für den Strategie- und Politikberater gehen die jüngst gegründeten themenbezogenen Hubs House of Finance and Tech und House of Games in die richtige Richtung. Der Fokus soll künftig auf neuen Themenfeldern liegen, darunter Life Science, GovTech und DefenseTech. Ein Bestandteil von innoBB ist auch der „Transfer Wissenschaft + Wirtschaft“. Dazu veranstaltet die IHK im November ein „IP-Festival“, auf dem die Berliner Forschungslandschaft ihre Patente zeigt.

Wir brauchen eine noch stärkere Vernetzung aller relevanten Akteure und auch eine größere Transparenz ihrer Aktivitäten.“
Mirco Dragowski IHK-Ausschussmitglied

Start-up-Factory Unite

Eine Anlaufstelle für Innovation und Unternehmertum will die Berlin-Brandenburger Start-up-Factory Unite schaffen. Ziel ist es, dass Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsam ein europaweit führendes, digitales Ökosystem für wissenschaftsbasierte Start-ups mit einem Fokus auf Health, Greentech und KI sowie nationale und internationale unternehmerische Talente aufbauen. Am Unite-Konsortium sind Universitäten, Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie Akteure aus Wirtschaft, Verbänden und Venture-Capital-Gesellschaften beteiligt, darunter die IHK Berlin. 

„Die Anzahl, Diversität und Reputation der Mitwirkenden aus dem Ökosystem sind bislang beispiellos – nicht nur in der Region, sondern in ganz Deutschland“, unterstreicht Laura Möller, CEO von Unite, die mit dem Projekt verstärkt Gründerinnen fördern will. „Wir glauben, dass in den Bereichen Greentech und Health das Potenzial, Gründerinnen zu aktivieren, besonders hoch ist, da Frauen häufiger in Bereichen mit positivem gesellschaftlichem Impact gründen.“ Um das zu erreichen, will Unite das erfolgreich etablierte Female Founders Network ausbauen. Auch das Exist-Women-Programm werde strategisch angebunden und gestärkt, um mehr Wissenschaftlerinnen zum Gründen zu bewegen. Darüber hinaus will Unite neue Kooperationen und Maßnahmen im Investment-Bereich vorstellen.

Es gilt, weitere Herausforderungen zu bewältigen: „Berlin lebt noch von seiner Reputation als führende deutsche Start-up-Metropole. Leider haben wir in den letzten Jahren an Boden verloren“, stellt Laura Möller fest. Das Leben in Berlin sei nicht mehr so günstig wie früher. Wohnraum sei knapp, die Visa- und überhaupt bürokratische Prozesse für junge Gründer seien langsam. „Das sind Dinge, die wir bei Unite gemeinsam mit der Politik und privaten Anbietern angehen werden.“

Laura Möller, CEO UNITE

Wie wichtig für Innovationen das Zusammenspiel industriell geprägter Standorte mit Unternehmensnetzwerken ist, zeigt eine von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe bei der Berliner regioteam in Auftrag gegebene und im Januar vorgestellte Studie. Identifiziert wurden 19 besonders innovative Gewerbestandorte – die „Innovationskerne Gewerbe“ –, von denen fünf zu den sogenannten Berliner Zukunftsorten zählen. „Die Innovationskraft der übrigen 14 Gewerbestandorte ist teilweise sogar höher und unterstreicht ihre Bedeutung für Berlin“, sagt Projektmanager Uwe Luipold. Es habe sich gezeigt, dass Standorte, an denen Netzwerke existieren, besonders innovativ seien.

 

Die Studie „Innovative Gewerbestandorte und Standortnetzwerke“ hat Profile der für Produktion geeigneten Flächen mit dem Ziel ausgearbeitet, alle zukunftsweisenden Produktionsorte und Unternehmensnetzwerke in der Stadt zu halten beziehungsweise deren Gründung zu befördern. „Der Transfer in die Unternehmens landschaft ist oftmals zu schwerfällig, vor allem den KMU müsse der Zugang zu dieser Infrastruktur erleichtert werden“, sagt Luipold. Eine weitere Handlungsempfehlung: Es müsste eine zentrale Stelle geben, die die Existenz der Gewerbestandorte und deren Stärken in der Öffentlichkeit stärker kommuniziert und die sich um die Weiterentwicklung bestehender, aber auch um die Gründung neuer Netzwerke kümmert. Wichtig sei schließlich, so Luipold, dass diese Innovationskerne den Zukunftsorten gleichgestellt würden. Aktuell gibt es elf Zukunftsorte, die von der Senatswirtschaftsverwaltung ernannt wurden.

„Ein Netzwerk ist dann erfolgreich, wenn es für die Mitglieder Mehrwert schafft“, bringt es Armin Seitz, Geschäftsführer der Moll Marzipan GmbH und seit gut zehn Jahren erster Vorsitzender des Unternehmensnetzwerks Neukölln, auf den Punkt. Die 78 Mitglieder kommen aus Handwerk, Industrie, industrienahen Dienstleistungen und Immobilienwirtschaft. Sie treffen sich bis zu zwölfmal jährlich zu Veranstaltungen über Themen wie künstliche Intelligenz oder Big Data. Besonders willkommen sind junge innovative Unternehmen, die Know-how in neuen  Technologien mitbringen. „Dank des Netzwerks haben wir einen kurzen Draht zueinander und können ausloten, wie unsere Unternehmen von den Zukunftstechnologien profitieren können“, so Seitz. Aktuell baut das Netzwerk eine digitale Plattform auf, damit Austausch und Informationszugang für alle Mitglieder noch einfacher und transparenter werden.

Die Verwaltung muss sich als Ermöglicher für die Wirtschaft begreifen. Es braucht eine potenzialorientierte Förderpolitik.“
Sonja Jost IHK-Vizepräsidentin

Technologietransfer systemisch denken

Um Berlin als internationalen Innovationsstandort zukunftsfähig aufzustellen, hat die IHK Kernforderungen an die Politik formuliert: von einem positiven wirtschaftspolitischen Mindset in Politik und Verwaltung über die Entwicklung des Anspruchs, auf Hochpotenzialfeldern international führend zu werden und als adaptive Stadt Innovationen gezielt zu scouten, zu testen und zu skalieren. „Hierfür muss die Verwaltung sich als Ermöglicher für die Wirtschaft begreifen und durch Reallabore und Experimentierklauseln einen innovationsfreundlichen Rechtsrahmen schaffen“, so Vizepräsidentin Jost. Technologietransfer müsse systemisch gedacht und gestärkt werden. „Insgesamt braucht es eine moderne, potenzialorientierte Förderpolitik, die international anschlussfähig ist, und eine stärkere Mitgestaltung der EU- und Bundespolitik, um Berlins Interessen wirksam zu vertreten.“