Serie KI-Lösungen aus Berlin

Emerge: HR & Employer Branding mit KI

Mit KI aus der Bewerbungsflaute: Employer Branding für den Mittelstand 

Ein Berliner Start-up sagt dem Fachkräftemangel den Kampf an. Mit künstlicher Intelligenz (KI) wollen sie das Employer Branding demokratisieren und Mittelständlern zum optimalen Recruiting verhelfen. Für bessere Matches zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Emerge will das Employer Branding von Grund auf verändern. Skalierbar, bezahlbar und ehrlich soll es sein. „Für eine lange Zeit war Employer Branding eine Sache für Konzerne mit großen Budgets“, sagt Daniel Braun, Mitgründer von Emerge. „Der Mittelstand leidet massiv unter dem Fachkräftemangel. Genau dort fehlen aber oft die Mittel, um sich überhaupt sinnvoll zu positionieren und gute Bewerberinnen und Bewerber anzuziehen.”  

Wer Braun zuhört, merkt: Hier spricht jemand, der mit großer Leidenschaft hinter seiner Idee steht. Zuvor war er sieben Jahre lang beim Freelancing-Start-up WorkGenius tätig, das er in den USA mit aufbaute. Zurück in Deutschland traf er durch einen gemeinsamen Freund auf Reiner Kriegler, employer-Branding-erfahren und Thomas Holl, Gründer und ehemaliger CTO bei Babbel. Gemeinsam wuchs die Idee für ihr Start-up. 2024 gründeten sie in Berlin die Emerge Tech GmbH.

Creative Carla und Data Dana: KI-Agenten im Einsatz

Mit „Creative Carla“ und „Data Dana“ hat Emergezwei digitale KI-Agenten (ein dritter ist in Planung) geschaffen, die Arbeitgebermarken weiterentwickeln und im Recruiting sichtbarer machen sollen. Die Grundlage dafür ist ein von Reiner Kriegler entwickelter EVP-Generator. EVP steht für Employer Value Proposition und beschreibt das Alleinstellungsmerkmal eines Arbeitgebers. Der EVP-Generator ist vergleichbar mit einem Fragebogen, der Unternehmen dazu bringt, sich mit der eigenen Identität auseinanderzusetzen. Was sind unsere Werte? Wie würde unser Unternehmen als Person wirken? Was macht uns einzigartig? Um den Fragenbogen auszufüllen, braucht der Kunde eine Stunde. Die Antworten bilden die Grundlage für alle weiteren Schritte. 

Ausgehend vom Fragebogen, entwickelt KI-Agentin „Creative Clara“ eine kreative Leitidee und eine erste Kampagne, zum Beispiel speziell für das Recruiting von Elektronikern oder Mechatronikern. Im letzten Schritt übernimmt „Data Dana“ und sorgt dafür, dass die Kampagne auf den richtigen Social-Media-Kanälen wie TikTok, Meta oder LinkedIn ausgespielt wird und dort mit Storytelling die richtigen Leute erreicht.

Zusammen wollen sie den Mittelstand auf Augenhöhe mit Konzernen bringen. Das Gründerteam von Emerge Tech (v. l. n. r.): Reiner Kriegler, Thomas Holl und Daniel Braun

Mehr Bewerbungen, bessere Matches, weniger Kosten

Die Entwicklung solcher Employer-Branding-Kampagnen kann in Unternehmen auch mal sechs Monate dauern und sechsstellige Budgets erfordern, erklärt Co-Gründer Braun. „Wir machen das mit KI in zwei Tagen“, ergänzt er. Und das ist für ihn der entscheidende Punkt, denn somit wird Employer Branding auch für kleinere Unternehmen erschwinglich.

Dennoch hat Emerge auch größere Kunden. Unter den rund 25 Unternehmen, die sich für die KI-Lösung entschieden haben, sind Mittelständler mit mehreren Hundert, aber auch mit Zehntausenden Mitarbeitenden. Volvo Trucks, Bauhaus, Capri Sun nutzen die Lösung, um gezielt und schnell einzelne Recruiting-Kampagnen zu entwickeln, inklusive kontinuierlicher Optimierung über Social Media.

Laut Emerge springen für die Kunden dreimal mehr Bewerbungen und 40 Prozent passendere Kandidaten heraus. Dabei lassen sich 87 Prozent der Kosten einsparen, die sonst für eine Agentur aufgewendet worden wären. Zusätzlich fallen 54 Prozent weniger Aufwand in der eigenen Human-Resources-Abteilung weg.

So schafft Emerge authentisches Employer Branding mit KI

Bei dem Arbeitsprozess ist den Gründern eines besonders wichtig: Der KI-Content erstellt sich schnell, und in kürzester Zeit hat der User sehr viel Material. Da stellt sich die Frage: Kann das immer alles gehaltvoll sein?  

Braun führt dazu aus: „Klar, wenn du einfach nur generativen KI-Content ohne Sinn erstellst, erreichst du gar nichts. Da ist dann keine Substanz, kein Gedanke dahinter. Deshalb ist unser Ansatz auch: KI mit Haltung, authentisch, greifbar, nicht glattgebügelt. Das bedeutet, weg vom Model-Look hin zu Menschen wie du und ich. Das ist glaubwürdiger und entscheidend für gute Matches zwischen Unternehmen und Bewerberinnen und Bewerbern.“ 

Um das zu erreichen, trainiert und füttert das Emerge-Team die KI-Agenten mit Daten, mit sehr vielen Daten. Entscheidend dabei: Das Large Language Model (LLM) wird dabei nur mit dem Mitarbeitenden-Pool und den Daten trainiert, die Emerge vom Mittelständler bekommt. Es kann somit nicht auf das gesamte Internet zugreifen. „Wir benutzen ganz normal das LLM, aber bauen einen separaten Raum auf, der nur Zugriff auf die kundenbasierten Daten hat." 

Das Ergebnis: „Am Ende sieht zum Beispiel bei einer Stellenanzeige für einen Gärtner das ausgespielte Bild nicht wie Ryan Gosling, sondern wie Johann von nebenan aus. Viel Training mit viel Material bringt einen näher zur Authentizität“, erklärt Braun.

Daniel Braun arbeitete zuvor einige Jahre in den USA. Seine Expertise bringt er jetzt bei Emerge ein

KI ersetzt keine Arbeit – sie verändert sie

Die Sorge, durch KI ersetzt zu werden, schwingt in vielen Gesprächen bei internen Teams aus Personalmarketing oder Kommunikation mit. „Natürlich gibt es Leute von unseren Kunden, die sich fragen: ‚Was bleibt dann eigentlich noch von meiner Arbeit übrig?‘“, sagt Braun. Aber bei Emerge herrscht die Meinung vor: „KI nimmt keine Arbeit weg, sie verändert sie. Die strategischen, kreativen Aufgaben werden wichtiger, weil die operativen Prozesse effizienter ablaufen. Wer im Personalmarketing sitzt, wird nicht wegrationalisiert, sondern bekommt mehr Freiraum für die wirklich relevanten Fragen.“ 

Drei bis sechs Millionen Euro für die weitere Entwicklung

Pläne für die Zukunft hat Emerge reichlich. Zwar kann das Start-up noch eine ganze Zeit ohne frisches Kapital weitermachen, dennoch sollen aber schon im Herbst drei Mio. Euro in einer neuen Finanzierungsrunde eingesammelt werden. Mit dem Geld sollen die KI-Lösung und das Team weiter ausgebaut werden. Braun betont dazu: „Wir suchen einen Investor, dem neben Wachstum auch unsere Mission wichtig ist: das Employer Branding zu demokratisieren.“