Privatwirtschaftliche Kultureinrichtungen

Multimedial, interaktiv, relevant: Museen im Rampenlicht

Mit Mut, Ideen und Unternehmergeist setzen privatwirtschaftlich organisierte Museen und Galerien nicht nur zur Langen Nacht der Museen kulturelle und wirtschaftliche Impulse

Große Gruppe von Menschen sitzt und steht auf den Stufen der James-Simon-Galerie, im Hintergrund ein Plakat mit dem Text 'Elephantine' und einem Bild von einer Flusslandschaft.

Freiluftveranstaltungen gehören zum festen Programm der Langen Nacht der Museen, hier die James-Simon-Galerie

Ende August erstrahlt Berlin regelmäßig in besonderem Glanz: Dann lockt die Lange Nacht der Museen Kulturinteressierte, Familien, Neugierige und Touristen gleichermaßen in die Häuser der Hauptstadt. Mehr als 70 Museen, Gedenkstätten und Galerien öffnen bis tief in die Nacht und zeigen in über 750 Veranstaltungen, wie vielfältig die Berliner Museumslandschaft ist. Längst ist das Format ein Exportschlager: 1997 in Berlin erfunden, hat es weltweit eine Vielzahl von Nachahmern gefunden. Alleine im vergangenen Jahr schauten sich 45.000 Besucherinnen und Besucher dieses besondere Angebot an. Neben den staatlichen Institutionen nutzen auch private Museen und Galerien die Gelegenheit, sich mit eigenen programmatischen Akzenten zu präsentieren. Für sie ist die Lange Nacht der Museen nicht nur kulturell ein Höhepunkt, sondern auch ein wichtiges Ereignis, um Sichtbarkeit zu gewinnen.

Außenansicht des Amerika Hauses in Berlin bei Nacht mit beleuchteten Fenstern, zwei Bäumen und vorbeifahrendem Verkehr

Das C/O Berlin im Amerika-Haus

Sichtbarkeit durch Fotografie

Zu den privaten Häusern, die die lange Nacht der Museen nutzen, zählt das C/O Berlin im Amerika-Haus gegenüber dem Bahnhof Zoologischer Garten, eines der profiliertesten privatwirtschaftlich organisierten Ausstellungshäuser der Stadt. „Die Lange Nacht der Museen ist für C/O Berlin eine besondere Gelegenheit, mit ihrem Happening-Charakter neue Menschen für Fotografie zu begeistern, spontane Besucherinnen und Besucher auf uns aufmerksam zu machen und unser Publikum um neue Zielgruppen zu erweitern“, macht der Vorstandsvorsitzende Stephan Erfurt die Rolle der Langen Nacht der Museen deutlich. „Gleichzeitig soll es ein sommerlicher Abend sein, der einfach Freude macht.“ Aber natürlich ist so ein Format auch aus wirtschaftlicher Sicht ein wichtiger Baustein. „Für C/O Berlin als privates Ausstellungshaus und Stiftung ist es seit der Gründung bis heute eine Herausforderung, den Betrieb wirtschaftlich zu sichern.“ Um diese Lage zu meistern, setzt das Haus unter anderem auf strategische Allianzen. „Seit Kurzem kooperieren wir beispielsweise mit dem Flughafen BER, wo unsere Ausstellungen auf großen Screens präsentiert werden“, erzählt Erfurt. „Auch liegen unsere Zeitungen neuerdings in den Lufthansa-VIP-Lounges in München, Frankfurt und Berlin aus.“ Solche Erweiterungen sind ein wesentlicher Bestandteil der alltäglichen Arbeit und tragen entscheidend zur Sichtbarkeit des Hauses bei.

Samurai-Rüstung auf Pferd mit rotem Sattelzeug in Museumsausstellung, Besucher stehen und sitzen im Hintergrund vor traditionellem japanischem Gebäude

Kommt ohne staatliche Fördermittel aus: das Samurai Museum Berlin

Samurai Museum sieht sich als Schnellboot zwischen Dampfern

Auch das privatwirtschaftlich organisierte Samurai Museum Berlin setzt auf innovative Wege, um sichtbar zu sein. Im Jahr 2022 in der Auguststraße in der Mitte der Hauptstadt eröffnet, basiert das Museum auf einer der weltweit größten Sammlungen zur Kultur der Samurai, der Peter Janssen Collection, und zeigt mehr als 900 historische Originalobjekte im Dialog mit immersiven High-Tech-Installationen. „Als private Einrichtung ohne staatliche Fördermittel sind strategische Marketingaktionen – etwa über Online-Plattformen, soziale Medien oder Veranstaltungen – essenziell, um Besucher zu gewinnen“, sagt Alexander Jöchl. „Gleichzeitig ist es für uns enorm wichtig, neue Entwicklungen wie zum Beispiel KI aufzugreifen und schneller als alle anderen damit erfolgreich zu sein“, fügt der Museumsdirektor hinzu. Angesichts von 175 Museen in Berlin müsse sich sein Haus klar profilieren. „Wir sehen uns als wendiges Schnellboot zwischen den großen Dampfern in der Stadt.“ Um die wirtschaftlichen Herausforderungen zu meistern, setzt das Ausstellungshaus auch auf eine innovative Preisgestaltung. Dabei nutzt das Museum ein dynamisches Preissystem, das sich an Nachfrage und Auslastung orientiert. Im Rahmen der Langen Nacht der Museen greift es das Motto „Liebe“ mit japanischen „dokidoki“-Gedichten auf – übersetzt heißt das Wort „schneller Herzschlag“.

Events
750
Veranstaltungen
zeigen in der Langen Nacht der Museen, wie vielfältig die Berliner Museumslandschaft ist. Beteiligt sind mehr als 70 Museen, Gedenkstätten und Galerien.
Publikum
45.000
Besucherinnen und Besucher
nahmen im vergangenen Jahr an der Langen Nacht der Museen teil. Erfunden wurde das Format 1997 in Berlin. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Nachahmern.

Wirtschaftsfaktor Museum

Dass Museen in Deutschland nicht nur kulturell, sondern auch ökonomisch ein starkes Gewicht haben, unterstreicht eine aktuelle Untersuchung des Instituts für Museumsforschung. Demnach trugen die knapp 7.000 Museen im Jahr 2023 rund 9,4 Milliarden Euro zum Bruttoinlandsprodukt bei – bei öffentlichen Zuschüssen von 5,6 Milliarden Euro. Jeder investierte Euro erzeugte damit eine Wertschöpfung von rund 1,70 Euro. Zudem sichern Museen bundesweit 106.000 Arbeitsplätze, 63 Prozent direkt in den Häusern, 20 Prozent bei Zulieferern und 17 Prozent in der Gastronomie oder dem Handel im Umfeld der Museen. Die Botschaft ist klar: Museen sind nicht nur Kulturträger, sondern auch ein wichtiger Standortfaktor für Tourismus, Wirtschaft und Lebensqualität in der Stadt.

Fassade des Deutschen Spionagemuseums mit grünem Logo und Schriftzug 'deutsches-spionagemuseum.de' an Fenstern eines modernen Gebäudes

Das Deutsche Spionagemuseum

Vielfalt und Innovation

Wie sich privatwirtschaftlich organisierte Museen erfolgreich etablieren lassen, weiß auch Robert Rückel. Früher im DDR Museum, heute als Geschäftsführer des Deutschen Spionagemuseums und Deutschlandmuseums führt der Unternehmer und Vizepräsident der IHK Berlin überregional bekannte Einrichtungen der Hauptstadt. Zu den Schlüsselfaktoren des Erfolgs gehört ein abwechslungsreiches Veranstaltungsprogramm, angefangen bei Sonderaktionen über immersive Events bis hin zu neuen Attraktionen wie dem Laserparcours im Deutschen Spionagemuseum. „Sie wirken sich deutlich positiv auf unsere Besucherzahlen aus“, freut sich Rückel. Denn solche Highlights bringen nicht nur Aufmerksamkeit, sondern auch wirtschaftliche Impulse. Starke Partnerschaften mit Tourismus- und Kulturakteuren, kuratierte Museumsshops, ein innovatives und dynamisches Preissystem sowie internationale Auszeichnungen wie der THEA Award sichern weitere Erlöse. 

Als private Einrichtung ohne staatliche Fördermittel sind strategische Marketingaktionen – etwa über Online-Plattformen, soziale Medien oder Veranstaltungen – essenziell, um Besucher zu gewinnen.“
Alexander Jöchl Museumsdirektor

Strategien für morgen

Der Museumsunternehmer blickt optimistisch nach vorn. „Aktuell investieren wir zum Beispiel in neue immersive Medientechnologien, die unsere Inhalte noch interaktiver und emotionaler erlebbar machen - etwa über KI-gestützte Szenarien oder neu entwickelte interaktive Exponate.“ Gleichzeitig betont Robert Rückel die Bedeutung einer ganzheitlich durchdachten Infrastruktur. „Aufenthaltsqualität, Wegeführung und digitale Besuchersteuerung spielen eine immer größere Rolle, nicht zuletzt, um auch in Spitzenzeiten ein gutes Besuchserlebnis zu sichern.“ Mit diesem Mix aus Innovation und klarem Blick auf die Infrastruktur will Rückel die Attraktivität seiner Häuser stetig steigern und sie als zukunftsorientierte Akteure im Berliner Kulturbetrieb festigen. So zeigt sich: Auch kommende Lange Nächte der Museen werden zum Schaufenster dafür, wie privat geführte Häuser Kultur neu erlebbar machen und gleichzeitig frische Impulse für Berlins Wirtschaft setzen.