Strafabgabe für alle Berliner Unternehmen droht!

Ab 2027 droht die Ausbildungsplatzabgabe.

Das Gesetz würde jedes Unternehmen zusätzlich belasten ohne die eigentlichen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu lösen. Statt mehr Ausbildung drohen mehr Bürokratie, Klagen und Unsicherheit.

Einzelhandel: Organisierte Kriminalität nimmt zu

Ladendiebstahl kommt Berlin teuer zu stehen

In der Hauptstadt erreicht der Ladendiebstahl neue Dimensionen. Einzelhändler wie Björn Fromm schlagen Alarm: Gewalt, organisierte Banden und hohe Verluste gefährden Existenzen und belasten am Ende die gesamte Gesellschaft.

Symbolbild Ladendiebstahl

Ladendiebstahl bringt Berliner Einzelhändler in Not

Geklaut wird auch in der Weihnachtszeit in der Hauptstadt im großen Stil. Parfüms verschwinden in der Jacke, Rasierklingen im Rucksack und Babynahrung oder Alkohol gleich im Sixpack im mitgebrachten Trolley. Besonders betroffen sind Drogerien und Supermärkte, aber auch Textil- und Elektronikmärkte. Und oft merkt es niemand. Laut Polizeistatistik wurden 2024 über 35.000 Ladendiebstähle registriert, offiziell ein Rückgang von fast zehn Prozent, aber die Dunkelziffer ist immens. „98 Prozent der Diebstähle werden nicht angezeigt“, sagt Björn Fromm. „Wir gehen davon aus, dass täglich Waren im Wert eines Einfamilienhauses gestohlen werden“, so der Präsident des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg. „Mehr als ein Drittel davon entfällt auf organisierte Kriminalität.“

Mann mit kurzem blondem Haar trägt schwarzen Anzug, weißes Hemd und schwarze Krawatte vor grauem Hintergrund.

Björn Fromm ist Präsident des Berliner Handelsverbands und Chef dreier EDEKA-Märkte

Frontlinie Supermarkt

Fromm kennt die Lage dabei nicht nur aus Statistiken, sondern aus dem Alltag seiner drei Berliner EDEKA-Märkte. „Die Anzahl der Diebstähle, die Brutalität bei Erkennung und Täteransprache nehmen immer weiter zu“, berichtet er. Immer häufiger arbeiten dabei mehrere Personen zusammen. Eine Person lenkt an der Kasse oder im Gang ab, die anderen räumen Ware in Taschen oder Rucksäcke. Fromm reagiert mit mehr Personal, Videoüberwachung und Erkennungssysteme. „Jede Prävention kostet Geld und bringt etwas“, sagt der Unternehmer. „Doch wenn die allgemeinen Präventionskosten stetig steigen und die Verluste durch Diebstahl ebenfalls, dann werden am Ende auch die Lebensmittel teurer werden.“ Damit trifft jeder Diebstahl am Ende auch alle ehrlichen Kunden.

Zahl wird weiter zunehmen

Der Blick in eine aktuelle EHI-Studie verrät: Berlin ist bei diesem Problem kein Ausreißer, sondern Spiegel eines bundesweiten Trends. Demnach summieren sich die Inventurverluste im deutschen Einzelhandel auf 4,95 Milliarden Euro, ein Plus von rund drei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Rund 4,2 Milliarden Euro entfallen direkt auf Diebstahl; davon gehen etwa 2,95 Milliarden Euro auf Kundschaft, 890 Millionen Euro auf Mitarbeitende und 370 Millionen Euro auf Lieferanten und Servicekräfte zurück. Parallel investiert der Handel laut EHI jährlich rund 1,6 Milliarden Euro in Sicherungs- und Präventionsmaßnahmen. „Trotz Warensicherung und Mitarbeiterschulungen wird im Handel gestohlen, was nicht niet- und nagelfest ist“, bestätigt auch EHI-Experte Frank Horst. Drei von vier Händlern erwarten laut der Studie, dass die Zahl der Diebstähle weiter zunehmen wird. Die Verluste treffen am Ende übrigens auch den Staat: Nach EHI-Berechnungen entgehen dem Fiskus jährlich rund 570 Millionen Euro an Umsatzsteuer. 

Mann mit kurzen blonden Haaren trägt dunklen Anzug und blau-weiß kariertes Hemd vor grauem Hintergrund.

Frank Horst ist Leiter des Forschungsbereichs Inventurdifferenzen + Sicherheit bei ETI.

Zwischen Existenzdruck und Staatsversagen

Klar muss auch sein: Für große Filialketten sind Verluste bereits mehr als ärgerlich, für kleinere und mittlere Betriebe können sie noch größere Herausforderungen bedeuten. Darauf weist Marc-Andreas Demski hin, der in Berlin sieben Reformhäuser betreibt. „Wir halten inzwischen viele Produkte nur noch hinter Glasscheiben vor oder arbeiten mit leeren Verpackungen im Regal – anders ist der Schaden kaum noch zu begrenzen.“ Nach seiner Erfahrung wird das Problem in der Öffentlichkeit massiv unterschätzt: „Die Dimensionen des Themas werden in der öffentlichen Wahrnehmung überhaupt nicht verstanden, aber für uns ist Ladendiebstahl längst eine Frage der Existenz.“ 

Forderungen an die Politik

Besonders frustrierend ist auch: Viele Verfahren versanden: Anzeigen, stundenlange Dokumentation und am Ende erfolgt dann doch die Einstellung. Deshalb wünscht sich Demski wie auch Fromm klare Konsequenzen: „Der Staat muss endlich durchgreifen.“ Aus Sicht des Präsidenten des Handelsverbandes Berlin-Brandenburg braucht es härtere Strafen für gewerbsmäßige und bandenmäßige Täter, eine bessere personelle Ausstattung von Polizei und Justiz und mehr Konsequenz bei der Verfolgung von Seriendiebstählen. „Außerdem muss ausgeschlossen werden, dass Strafverfahren aus „Effizienzgründen“ eingestellt werden“, fordert Fromm. „Das ist heute an der Tagesordnung.“