Strafabgabe für alle Berliner Unternehmen droht!

Ab 2027 droht die sogenannte Ausbildungsplatzumlage.

Das Gesetz würde jedes Unternehmen zusätzlich belasten ohne die eigentlichen Probleme auf dem Ausbildungsmarkt zu lösen. Statt mehr Ausbildung drohen mehr Bürokratie, Klagen und Unsicherheit.

E-Commerce aus Berlin

Flaconi: Der Duft der guten Zahlen

Flaconi ist einer der führenden Onlineshops für Parfum und Kosmetikprodukte. CEO Bastian Siebers treibt die Internationalisierungsstrategie voran und steigert die Umsätze kräftig. Sorgen macht sich die Führungsetage allerdings aufgrund der Ausbildungsplatzumlage.

Mann in einem hellblauen Hemd sitzt mit zusammengelegten Händen auf einem schwarzen Sofa.

Bastian Siebers hat vor drei Jahren den Chefposten bei Flaconi übernommen

Wer durch die Firmenzentrale von Flaconi in der Charlottenburger Franklinstraße spaziert, stellt schnell fest: Zumindest vom Ambiente her bietet der Onlineanbieter von Parfum und Kosmetik attraktive Arbeitsplätze an. Im Jahr 2021 wurde ein Gebäude direkt an der Spree bezogen. Die Einrichtung ist stylisch, bodentiefe Fenster bieten einen fantastischen Blick, in den großzügigen Gemeinschaftsräumen wird gekocht und manchmal sogar getanzt, im obersten Stock stehen Fitnessgeräte bereit. An Schreibtischen sitzen viele internationale und junge Mitarbeitende. Manche sind sogar noch sehr jung, denn seit zwei Jahren bildet Flaconi auch aus. Aktuell lernen fünf junge Menschen in Berlin, vier im Logistikzentrum in Halle. 

Nachteile durch Ausbildungsplatzumlage

Leider liegt über diesem eigentlich erfreulichen Thema ein Schatten. Grund ist die vom Berliner Senat geplante Ausbildungsplatzumlage für Unternehmen, die in den Augen der Politik nicht genügend ausbilden. Personalchefin Alexandra Szarmach skizziert nur einige der Folgen für Flaconi und den gesamten Wirtschaftsstandort Berlin, der „positive Anreize statt negativer Sanktionen“ brauche: „Die geplante Umlage verkennt die Realität eines engagierten Ausbildungsbetriebs. Erfolgreich ausbilden bedeutet für uns, zeitliche und finanzielle Ressourcen zu schaffen, um die Qualität der Ausbildung zu garantieren und unseren Anspruch auf Übernahme und langfristige Förderung der Auszubildenden zu sichern“, sagt sie. Die Flaconi-Führungsriege befürchtet außerdem Nachteile für die gesamte Belegschaft: „Kommt die Ausbildungsplatzumlage, würde diese 20 Prozent unseres Mitarbeiter-Entwicklungs-Budgets in Anspruch nehmen“, sagt Alexandra Szarmach. Das Weiterbildungsangebot, das in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut wurde und zu den wichtigsten Tools für die Bindung von Mitarbeitenden gehört, würde darunter leiden, fürchtet sie. 

Eine Frau mit langen braunen Haaren und einer Bluse sitzt auf einem weißem Sofa und lächelt freundlich.
Kommt die Ausbildungsplatzumlage, würde diese 20 Prozent unseres Mitarbeiter-Entwicklungs-Budgets in Anspruch nehmen.“
Alexandra Szarmach Personalchefin

Flaconi steigert die Umsätze kräftig

Darüber hinaus hat Flaconi eher Positives zu berichten. Das Unternehmen wurde 2011 gegründet. In der Firmengeschichte lief es mal rund, mal weniger gut. Doch seit Bastian Siebers, ein langjähriger E-Commerce-Experte, die Geschäfte leitet, veröffentlicht das Unternehmen in jedem Quartal neue Wachstumsrekorde. Nach einem satten Plus von 32 Prozent im Jahr 2024 auf einen Gesamtumsatz von 514 Mio. Euro betrug das Wachstum in den ersten drei Monaten dieses Jahres 26 Prozent, von April bis Juni sogar 33 Prozent. Das Unternehmen zählt 4,7 Millionen aktive Kunden, es beschäftigt rund 800 Mitarbeiter, davon etwa 450 in Berlin und 350 im Logistikzentrum in Halle, von wo aus im Schnitt täglich 30.000 Päckchen versendet werden. Das Unternehmen ist in zwölf Ländern vertreten. Im nächsten Jahr kommen sieben weitere hinzu.

Parfums aus dem Onlineshop

Gegründet wurde Flaconi vor allem als Onlineshop für Parfums. Düfte sind mit einem Umsatzanteil von 60 Prozent nach wie vor die wichtigsten Produkte im Sortiment. Aber ebenso hat der Berliner E-Commerce-Spezialist heute Lippenstifte, Augencremes oder Haarshampoos im Angebot. Das Sortiment umfasst mehr als 50.000 Produkte von gut 1.000 Herstellern. Gelistet sind vor allem Artikel im Premiumsegment mit Marken wie Chanel, Dior oder Yves Saint Laurent. Das ist auch ein Grund, warum die größte Kundengruppe laut Bastian Siebers in der Alterskohorte der 35- bis 45-Jährigen liegt. Sie können sich teurere Produkte leisten. Die Käuferinnen und Käufer sind zudem modern eingestellt. Immerhin gehen, so Siebers, mehr als 90 Prozent aller Bestellungen über ein Smartphone ein, gut 30 Prozent über die App. Die „Mobile-First-Strategie“, die Flaconi auch unter den Slogan „Beauty in your pocket“ stellt, geht auf. 

Bastian Siebers setzt auf KI

Dass der Mittelständler am Puls der Zeit ist, zeigt sich auch daran, dass Social Media im Kommunikationsmix eine entscheidende Rolle spielt. Ob Facebook, Instagram, Youtube oder Tiktok: Ein „Beautytainment“-Team kümmert sich ausschließlich darum, die Nutzer der Plattformen mit lustigen Videos, Gewinnspielen und anderen kreativen Formaten zu unterhalten. Seit einigen Monaten experimentiert Flaconi zudem mit KI-Avataren: Künstlich erstellte Protagonisten führen auf Social-Media-Kanälen in gewohnter Influencer-Manier durchs Sortiment. 

Eine Raum mit mehreren Menschen, die sich verschiedene Stände anschauen.

Die größte Kundengruppe von Flaconi sind die 35- bis 45-Jährigen

Die Gründe für diesen Testballon: Neues ausprobieren, mit der Zeit gehen. Zum anderen: Die Texte lassen sich mithilfe künstlicher Intelligenz im Nu in alle möglichen Sprachen übersetzen. Für ein Unternehmen, das europaweit agiert, ist das von Vorteil. Anstatt für jeden Markt einzelne Creator und Creatorinnen zu beauftragen, erlaubt der Einsatz von KI-Avataren eine schnellere und skalierbare Umsetzung und unterstützt vor allem die Internationalisierungsstrategie, erklärt Bastian Siebers den Kritikern, die Authentizität durch KI gefährdet sehen. Innovationen lassen sich seiner Ansicht nach auch nicht mit Althergebrachtem verwirklichen. Es braucht mutige Schritte. Siebers zitiert Goethe: „Es ist nicht genug zu wissen, man muss auch anwenden. Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun.“ 

Flaconis Geschäftssprache ist Englisch

Siebers wirft das Zitat in Englisch an die Wand. Verständlich: Mitarbeiter aus 60 Nationen arbeiten in der Franklinstraße, Geschäftssprache ist Englisch. Das kommt auch daher, dass Flaconi keine Ländergesellschaften gründet, wenn ein neuer Markt in Angriff genommen wird. Das Unternehmen steuert jegliche Aktivitäten von Berlin aus. Aber: Für jeden neuen Markt werden Muttersprachler und Kenner des Landes eingestellt. 

 

Sortiment
50.000
Produkte
bietet Flaconi in ihrem Onlineshop an.
Umsatz
514
Mio. Euro
hat die Flaconi GmbH im Geschäftsjahr 2024 erlöst.