Interview mit Felix Albrecht

Reservisten: Schlüsselakteure zwischen Wirtschaft und Verteidigung

Im Rahmen der angekündigten Wehrdienstmodernisierung soll die Reserve der Bundeswehr von derzeit rund 100.000 auf 200.000 Soldaten aufgestockt werden. Welche Rolle der Wirtschaft dabei zukommt und wie Unternehmen Reservisten besser unterstützen können, haben wir mit Felix Albrecht, Vorstandsmitglied beim Verband der Reservisten in Berlin, besprochen.

Felix Albrecht, Hauptmann der Reserve und Program Manager bei einem Software-Startup

Felix Albrecht ist Hauptmann der Reserve und engagiert sich nach 16 aktiven Dienstjahren in der Bundeswehr als Vorstandsmitglied der Landesgruppe Berlin des Verbandes der Reservisten der Bundeswehr. Hauptberuflich arbeitet er als Program Manager bei einem Software-Startup im Sicherheits- und Verteidigungsbereich.

Felix Albrecht, der Bund will die Personalstärke der Reserve verdoppeln. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Wie können Unternehmen einen Beitrag dazu leisten?

Unternehmen können durch Freistellung oder auch flexible Arbeitszeitmodelle für Mitarbeitende einen großen Mehrwert in dieser Thematik leisten. Auch eine gesamtorganisationale Beteiligung bspw. an gemeinsamen Übungen oder Weiterbildungen ist denkbar. Damit leisten die Unternehmen einen essenziellen Beitrag für eine zukunftsfähige Reserve und steigern die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit.

Anmeldung zur Veranstaltung
Bundeswehr und Unternehmen

Veranstaltung „Gemeinsam krisenfest" am 26.9.

Unter dem Motto „Resilienz und Sicherheit in der Berliner Wirtschaft“ geht es um eine krisensichere Aufstellung Berlins angesichts geopolitischer Spannungen, hybrider Bedrohungen und russischer Aggression. Felix Albrecht wird dort über die Bedeutung von Reservisten als Bindeglied zwischen Bundeswehr und Unternehmen sprechen.

Welche Aufgaben übernehmen Reservistinnen und Reservisten in der Regel bei der Bundeswehr?

Ein Reservist ist nach Einberufung in seiner Funktion einem aktiven Soldaten gleichgestellt. Sie können in allen Funktionen und Verwendungen eingesetzt werden, da nahezu alle Dienstposten durch Reservisten „gespiegelt“ werden. Das öffentliche Bild kennt den Einsatz von Reservisten aber wohl eher durch die Unterstützung bei Hilfeleistung im Rahmen von Krisen wie bspw. Corona. Dieses Bild wird sich künftig auch wandeln.

Wie wird sich dieses Bild wandeln?

Die Reserve wird Rückgrat unserer Verteidigungsfähigkeit sein. Sie wird aktive Verbände in ihrem Einsatz unterstützen – dafür gibt es Reserveeinheiten. Und sie wird den Heimatschutz maßgeblich gestalten – also dort zum Einsatz kommen, wo keine weiteren Kapazitäten für bspw. Sicherungsaufgaben von Infrastruktur zur Verfügung stehen.

Ich bin mir sicher, dass die Förderung der Reserve künftig auch Wettbewerbsvorteil im Employer Branding sowie der Fachkräftesicherung sein kann.“
Felix Albrecht Hauptmann der Reserve und IT-Experte
Wenn Reservisten solche Wehrdienstleistungen erbringen oder an Übungen teilnehmen, fehlen sie logischerweise ihrem regulären Arbeitgeber. Wer übernimmt zu der Zeit das Gehalt?

Das ist klar im Gesetz geregelt. Während der Einberufung ruht das Arbeitsverhältnis und die Reservisten werden so lange als aktive Soldaten geführt. Das heißt, sie erhalten eine Besoldung gemäß ihrem Dienstgrad oder einen Zuschlag, also mindestens ihr übliches Gehalt sowie Versicherungsleistungen durch die Bundeswehr. Der Arbeitgeber wird dementsprechend keine finanziellen Nachteile durch die Freistellung erleiden.

Sie selbst sind mittlerweile für ein Software-Startup tätig. Welche Erfahrungen aus Ihrer Zeit als Bundeswehroffizier sind im Unternehmensalltag besonders wertvoll?

„Leben in der Lage“ – das lernt jeder Offizier. Es bedeutet schnell und adaptiv Entscheiden und Führen zu müssen. In meinem sehr dynamischen Arbeitsalltag übernehme ich dafür jeden Tag die Verantwortung. Diese Entscheidungsfindung ist oft militärisch strukturiert – und daher für mich belastbar. Und ich lebe die Kameradschaft, was eine hohe Kohäsion im Team erzeugt.

Also liegt in der Förderung von Reservistentätigkeiten auch eine Chance für die Unternehmen?

Unternehmen investieren damit in ihr Personal und ihre Organisation. Die Teamfähigkeit von Soldatinnen und Soldaten liegt in ihrem Beruf. Viele haben das Arbeiten unter hohem Druck und Stress in militärischen Lagen gelernt. Ich erlebe diese Prägung jeden Tag und bin mir sicher, dass die Förderung der Reserve künftig auch Wettbewerbsvorteil im Employer Branding sowie der Fachkräftesicherung sein kann.

„Operationsplan Deutschland“

„Operationsplan Deutschland“ Wie sich die Berliner Wirtschaft für Krisen wappnen kann
Lesezeit: 6 Minuten
Henrik Holst

Reservisten

Bundeswehr-Reservisten sind ehemalige Soldatinnen und Soldaten, die nach ihrem aktiven Dienst weiterhin der Bundeswehr zur Verfügung stehen, um diese bei Bedarf in verschiedenen Bereichen zu unterstützen. Auch Personen ohne militärische Vorerfahrung können sich für den Reservedienst bewerben. Sie müssen zunächst eine allgemeine soldatische Ausbildung absolvieren.