Interview mit Andreas Irngartinger

Autobahnbau in Berlin: „Nach dem Abriss der beiden Brücken im Frühjahr haben wir richtig Gas gegeben“

Der Berliner Wirtschaftsverkehr wird auch in den nächsten Jahren mit vielen Baustellen und Einschränkungen auf den Autobahnen der Hauptstadt leben müssen. Andreas Irngartinger, technischer Geschäftsführer und Sprecher der Geschäftsführung der Deges GmbH, spricht im Interview über aktuelle und künftige Nadelöhre auf den Autobahnen A100 und A111.

Mann in einem schwarzen Anzug mit weißem Hemd und blauer Krawatte, steht vor einer neutralen Wand mit grauen Paneelen.

Andreas Irngartinger ist Sprecher der Geschäftsführung sowie technischer Geschäftsführer der Deges GmbH

Baubedingte Verkehrseinschränkungen auf den Berliner Autobahnen bleiben ein Gesprächsthema für den Wirtschaftsverkehr in der Hauptstadt. Ein wichtiges Thema ist die Erneuerung der Westend- und Ringbahnbrücke? Was ist seit dem Abriss geschehen?

Nach dem Abriss der beiden Brücken im Frühjahr haben wir richtig Gas gegeben und durch Bündelung von Kräften in Rekordzeit beide Neubauten ausgeschrieben. Und weil die Beseitigung des aktuellen Engpasses auf der A 100 so dringend ist, gewichten wir bei der Vergabeentscheidung den Aspekt „Zeit“ deutlich höher als normalerweise. Die schnellstmögliche Bauzeit in Kombination mit dem geringsten Eingriff in den S-Bahn- und Bahnfernverkehr macht bei beiden Brücken 50 Prozent der Wertung aus. 

 

Und wie geht es bei dieser Baustelle nun weiter?

Wir haben den Auftrag für den Neubau der Ringbahnbrücke im August vergeben und wollen in der zweiten Oktoberhälfte mit dem Bau beginnen. Das Vergabeverfahren für die Westendbrücke läuft auch schon. Hier wollen wir im Herbst beauftragen und im Winter – idealerweise noch in diesem Jahr – mit dem Bau beginnen. Und wir werden schnell bauen: Die Richtungsfahrbahn Nord der A 100 im Abschnitt zwischen Messedamm und Spandauer Damm soll im Sommer 2027 wieder befahrbar sein.

 

Gleich danach steht auf der A100 die marode Rudolf-Wissell-Brücke. Wie ist der aktuelle Stand der Dinge beim Ersatzneubau des mit rund 930 Meter längsten Brückenbauwerk Berlins?

Derzeit läuft zur Baurechtschaffung das Planfeststellungsverfahren in Zuständigkeit des Fernstraßen-Bundesamts. Sobald der Beschluss vorliegt, wollen wir zügig mit den Bauarbeiten beginnen. Geplant sind zwei nebeneinander verlaufende Brücken, eine für jede Fahrtrichtung. Zuerst wird die Fahrbahn Richtung Norden separat neu gebaut und an das Autobahndreieck Charlottenburg herangeführt. Nach Fertigstellung der Fahrbahn Richtung Norden wird der Verkehr auf das neue Bauwerk umgelegt und die Bestandsbrücke abgerissen. Anschließend wird die neue Fahrbahn in Richtung Süden in Lage der alten Brücke errichtet. Ziel ist es, den Verkehr durchgehend auf der Autobahn zu bündeln. So wollen wir größere Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer, aber auch für die Wohngebiete im Umfeld vermeiden.

 

Und wie sieht es mit dem Autobahndreieck Funkturm aus? Wann werden dort die Arbeiten beginnen? 

Leider können wir noch nicht sagen, wann die Arbeiten starten werden. Wir haben im April 2022 den Antrag auf Planfeststellung beim Fernstraßen-Bundesamt (FBA) eingereicht. Die Unterlagen haben öffentlich ausgelegen, betroffene Bürger und Institutionen haben Stellungnahmen und Einwendungen eingereicht, die im Frühjahr 2024 erörtert worden sind. Wir liefern Erwiderungen und Aktualisierungen zu – Herr des Verfahrens ist aber das FBA, das am Ende des Tages den Planfeststellungsbeschluss erlässt. Und erst einige Wochen danach werden wir wissen, ob der Beschluss beklagt wird.

Im Ergebnis sollen alle Verkehrsteilnehmer zügiger und sicherer durchkommen – und das über viele Jahrzehnte.“
Andreas Irngartinger Sprecher der Geschäftsführung
Welche wesentlichen Veränderungen und Verbesserungen sind bei diesem Projekt geplant?

Verändert und verbessert wird im Rahmen des Umbaus einiges. An erster Stelle steht die Erneuerung der geschädigten Substanz, denn das Autobahndreieck Funkturm wurde in den 1960er-Jahren gebaut, war aber nicht für die aktuelle Verkehrsbelastung – rund 230.000 Fahrzeuge am Tag – und die heutigen schweren Lkw ausgelegt. Wir bauen das Autobahndreieck allerdings nicht 1:1 nach, sondern ordnen die Verkehrsbeziehungen neu und passen zu kurze und unübersichtliche Zu- und Abfahrten an den Stand der Technik an. Im Ergebnis sollen alle Verkehrsteilnehmer zügiger und sicherer durchkommen – und das über viele Jahrzehnte.

 

Die A111 steht ebenfalls vor einer umfassenden Grundsanierung. Wie sieht auf diesem stark befahrenen Berliner Autobahnabschnitt, angefangen beim Autobahndreieck Charlottenburg in Richtung der Landesgrenze zu Brandenburg, der Fahrplan aus?

Die Sanierung der A 111 soll in drei Hauptabschnitten erfolgen: Nord 1 (Landesgrenze Berlin/Brandenburg bis nördlich des Hermsdorfer Damms), Nord 2 (nördlich des Hermsdorfer Damms bis Seidelstraße) und Mitte (Seidelstraße bis Heckerdamm). Derzeit erarbeitet die DEGES Detailplanungen für die Sanierung der Abschnitte Nord 1 und Mitte. Die Detailplanung des Abschnitts Nord 2 wird nachlaufend beginnen. Eine genaue Festlegung des Starts der Sanierungsmaßnahmen hängt von den Ergebnissen der Detailplanung ab. 

 

Und wie unterscheidet sich die Sanierung hinsichtlich der Verkehrsführung und der Anzahl der Fahrspuren im Vergleich zu der auf der A 100?

Die Planung sieht vor, den Verkehr im Gegenverkehr auf einer Richtungsfahrbahn zu führen und währenddessen die andere Richtungsfahrbahn zu sanieren. Alle Anlagen der Autobahn in dem zu sanierenden Abschnitt werden in dieser Zeit saniert. Nach Abschluss der Sanierung der ersten Richtungsfahrbahn wird der Verkehr im Gegenverkehr auf diese umgelegt, und die zweite Richtungsfahrbahn wird saniert. Um die Bauzeit zu optimieren, wird in der ersten Sanierungsphase eine gleichzeitige Sanierung der Abschnitte Nord 1 und Mitte durchgeführt. Der Hauptabschnitt Nord 2 bleibt in dieser Phase für den Verkehr ohne Einschränkungen erhalten. Nach Abschluss der Sanierung der Abschnitte Nord 1 und Mitte wird der Abschnitt Nord 2 in ähnlicher Weise im Gegenverkehr saniert und der Verkehr auf den beiden fertiggestellten Abschnitten wieder normal geführt. Insgesamt gehen wir bei der Grundsanierung der A111 von einer Bauzeit von etwa sieben Jahren aus.

Die Deges GmbH

Eigentümer der Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges) sind die Bundesrepublik Deutschland sowie zwölf Bundesländer, unter anderem Berlin und Brandenburg. Das öffentliche Unternehmen fungiert seit 1991 als Projektmanagementgesellschaft, die komplexe Verkehrsinfrastrukturprojekte umsetzt und dabei die Funktion des Bauherrn wahrnimmt.