Kai Wegner ist seit über 30 Jahren in der Berliner CDU aktiv und seit 15 Jahren im Deutschen Bundestag. Wie IHK-Hauptgeschäftsführer und Gastgeber Jan Eder erklärte, stehe er damit quasi als „Urgestein der CDU“ für die Integration von Bundes- und Landesebene. Auf beiden ist er zu Hause. Mitte November war er zu Gast beim Digitalen Wirtschaftsgespräch in der IHK Berlin.
Vor rund 200 digital zugeschalteten Unternehmern sprach Wegner über das Thema „Berliner Wohnraumoffensive – Baubremsen lösen, Chancen gestalten“. Der Tenor war, dass Berlin mehr in den Wohnungsneubau investieren muss. „Wir machen hier viel falsch!“, so Wegner. Es werde über den Mietendeckel diskutiert, aber dies helfe den wohnungssuchenden Berlinern nicht: „Da hilft nur Neubau!“ Auch eine Diskussion über Enteignungen sei hinderlich, denn Berlin gelte dadurch bei Investoren nicht mehr als „zuverlässiger Partner“. Als positives Beispiel nannte Wegner Hamburg, wo alle Partner am „Runden Tisch“ erfolgreich Wohnungspolitik voranbringen. Fazit: „Wir müssen die Bauordnung sowie das Vergaberecht entschlacken, und wir brauchen eine gezielte Baulandpolitik.“
Im Podiumsgespräch zwischen Jan Eder und Kai Wegner ging es um drei Themenblöcke: Corona-Krisenpolitik in Deutschland, die Herausforderungen der Berliner Politik mit ihren Schwerpunkten Bildung, Bauen, Mobilität und Verwaltungsmodernisierung sowie das Superwahljahr und die Koalitionsfrage. Via Chat stellten die Unternehmer dazu ihre Fragen.
Nach den aktuellen Corona-Hilfen für die Berliner Wirtschaft befragt, bewertete der Politiker die Unterstützungsmaßnahmen als gut, mahnte aber an, dass „die Bremsspuren gemildert werden müssen“. Gerade für den klassischen Mittelstand sollte mehr getan werden. „Der Senat spricht oft vielstimmig, nicht einstimmig. Es gibt viele Regeln, die nicht durchgesetzt werden.“ Hier hätte mehr Strenge gutgetan. „Ich habe Sorge vor einer Insolvenzwelle“, erklärte Wegner.
Ein weiteres Thema war der Mietendeckel, dessen neue Stufe die Möglichkeit vorsieht, Mieten abzusenken, die 20 Prozent über der jeweils geltenden Mietenobergrenze liegen. Eder wies darauf hin, „dass die Vermieter in Berlin damit nicht nur eine Menge Arbeit haben, sie befürchten auch hohe Verluste“. Was dazu führte, über mehr Anreize zu sprechen, um den traditionell geringen Anteil an Wohneigentum bei den Berlinern zu erhöhen.
Auf die Frage von Eis-Unternehmer Olaf Höhn nach mehr Ladestationen für E-Lkw erklärte Wegner, es gebe in Berlin mehrere Start-ups und Unternehmen, die sich mit dem Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur sowie der Vereinfachung der Ladesäulen-Abrechnung beschäftigten. „Ich verstehe nicht, warum Berlin nicht nutzt, was hier vorhanden ist – und in anderen Städten schon funktioniert“, so Wegner.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie hätten Berlin die Nachlässigkeit der Politik in Sachen Digitalisierung schmerzlich vor Augen geführt. Steinzeitliche Verwaltungsstrukturen und massive Lernausfälle in den Schulen seien Beispiele für den mangelhaften Digitalstatus der Hauptstadt. Jan Eder: „Wenn sechs Staatssekretäre im Topf der Digitalisierung rumrühren, ist wohl der Beweis erbracht, dass viele Köche den Brei verderben?“ Wegner stimmte zu, dass die Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung eine dringende Herkulesaufgabe seien. Gemeinsam mit seinen Parteikollegen Thomas Heilmann und Cerstin Richter-Kotowski hatte er dazu einen „Verfassungskonvent“ ins Spiel gebracht.
Frank Westphal erkundigte sich im Chat nach dem ÖPNV-Ausbau, Jan Eder nach der Verkehrsinfrastruktur allgemein. Wegners Statement dazu: „Ja, wir brauchen eine konsistente Verkehrspolitik, die alle Verkehrsträger in Berlin im Blick hat!“ Damit sprach er der Wirtschaft aus dem Herzen. „Nur fünf km U-Bahn-Strecke in über 20 Jahren ist ein Armutszeugnis. Man muss bei dem Thema weit vorausdenken: Ich kann mir sogar Hochbahnen vorstellen“, erklärte er.
Lars Békési wollte wissen, was bei der CDU in der Bildungspolitik besser würde? „Wir werden im Wettbewerb um die besten Köpfe besser abschneiden, weil die Bezahlung stimmt. Die Schulen werden nicht mehr so marode sein, und man traut sich auf die Toilette. Die Lernbedingungen wären besser als heute. Und beim Pisa-Test sind wir dann weiter vorne“, so Wegner zuversichtlich.
Beim dritten Themenblock fragte Eder den Berliner Spitzenkandidaten der CDU nach möglichen Koalitionspartnern. AfD und Linkspartei schloss Wegner aus, andere Optionen ließ er offen. „Die CDU findet wieder statt. Die Stadt braucht einen Politik-Wechsel“, davon ist der CDU-Chef überzeugt. Wie immer stellte Jan Eder eine persönliche Frage an den Gast: „Wie werden Sie das Jahr 2020 in Erinnerung behalten – als das anstrengendste, das beklemmendste oder das aufregendste Ihres politischen Lebens?“ Wegner: „Man lernt Berlin noch mal anders kennen. Ich freue mich über die Kandidatur und habe Respekt vor der Aufgabe. Letztlich hoffe ich, dass sich das Jahr 2020 nicht wiederholt.“