Was im Fußball die Taktiktafel ist, ist für die Digitalpolitik in der Hauptstadt seit dem 18. Juni die Berliner Digitaloffensive. Denn aus Sicht der Unternehmerschaft werden die Berliner Regierungsgeschäfte bereits zu lange ohne digitalpolitische Strategie geführt. Mit der immer noch ausstehenden Berliner Digitalisierungsstrategie muss es nun endlich gelingen, auf die in der Krise identifizierten Schwächen zu reagieren und den langfristigen digitalen Entwicklungschancen am Standort den Weg zu ebnen. Der Dialog mit der Politik ist damit eröffnet.
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Dafür wurden im engen Schulterschluss mit dem IHK-Ehrenamt in fünf Handlungsfeldern der Berliner Status quo betrachtet und Verbesserungsvorschläge skizziert. Diese sind: Politische Führung & Steuerung, IT-Infrastruktur, Daten und Digitale Anwendungen, Verwaltung sowie Bildung. Die vollständige Digitaloffensive ist mit weiteren Unternehmermeinungen unter ihk-berlin.de/digitaloffensive abrufbar.
In den letzten Monaten wurde Unternehmern wie Politikern vor Augen geführt, welche Rolle und Funktion digitale Technologien, Infrastrukturen, Daten, Prozesse und Arbeitsmethoden erfüllen könn(t)en, um zentrale Tätigkeiten und Routinen aufrechtzuerhalten. Dieses Momentum gilt es jetzt zu nutzen, um konstruktiv, lösungs- und dialogorientiert notwendige Digitalisierungserfolge für die Hauptstadt nutzbar zu machen. Unternehmen haben hier selbst Hausaufgaben zu erledigen, doch auch die Politik ist gefragt, die passenden Rahmenbedingungen für die digitale Transformation zu gestalten: „Über Digitalisierung zu reden, reicht nicht. Man muss auch handeln. Gerade die Corona-Pandemie hat die diesbezüglichen Mängel in Berlin schonungslos offengelegt“, sagt IHK-Präsidentin Dr. Beatrice Kramm, die die unzureichende Homeoffice-Fähigkeit der Berliner Verwaltung genauso kritisiert wie den arlarmierenden Status quo beim digitalen Unterricht. „Immer noch“, so Kramm weiter, „liegt die Glasfaseranbindungsquote in Berlin bei lediglich drei Prozent. Wer Digitalhauptstadt sein will, muss erst groß denken und dann entschieden umsetzen.“
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Politische Führung und Steuerung notwendig
Die digitale Transformation ist ein ressortübergreifendes Berliner Mammutprojekt. Wir alle wissen: Ressortübergreifendes Umsetzen ist in Berlin mit seinen unübersichtlichen Zuständigkeiten ein Problem. Aus Sicht der IHK sollte es deshalb nach den Abgeordnetenhauswahlen 2021 einen Digitalsenator geben. Als „Chief Digital Officer“ mit Managementkompetenz erhält Berlin damit die Führungs- und Identifikationsperson, die das Thema verlangt.
Bisher tut Berlin sich immer noch schwer auf seinem Weg zur Gigabit-City Berlin, die Glasfaseranbindungsquote von drei Prozent legt beredtes Zeugnis dafür ab. Industrie und Dienstleistungen der Zukunft brauchen eine flächendeckende gigabitfähige Infrastruktur. Ein Glasfaserinfrastrukturziel schafft dabei Planungssicherheit. Dazu braucht es auch landeseigene Förderinstrumente, die auf die Ausbauherausforderungen Berlins eine Antwort geben. Im Haushalt sind bereits Mittel für den Netzausbau eingestellt, Pläne für ein bürokratiearmes und wirksames Förderinstrumentarium lassen aber auf sich warten. Hinzu kommt: Bislang dauern Genehmigungsverfahren für das Verlegen von Glasfaserkabeln je nach Bezirk zwischen drei und 20 Wochen, auf Gehwegen geht’s auch schon mal schneller. Das ist natürlich kein Zustand. Für Matthias Patz, Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Innovation & Technologie, ist klar: „In der Zukunft werden Dialog und Kooperation in Berlin den Takt bestimmen müssen, um den Weg zur Digital- und Innovationshauptstadt zu meistern. Eine landespolitische Gigabitstrategie mit einem Glasfaserinfrastrukturziel wird dabei ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung der Giga-bit-City Berlin sein. Erfolge sind erreichbar, wenn der Wandel als gesamtstädtisches Projekt verstanden wird.“

Digitale Bildung Grundlage für Fachkräfte
Auch im Bereich Bildung hat die Pandemie offenbart, wie dramatisch abgehängt die Berliner Schulen beim Thema Digitalisierung sind. Immer noch fehlt vielen Schulen eine leistungsfähige Anbindung an das Breitbandnetz. So sind von den 44 beruflichen Schulen lediglich fünf an das Glasfasernetz angebunden. Eine Versorgung aller Funktionsräume mit WLAN ist an keiner dieser Schulen vorhanden. Hier muss Berlin Schulen und Schulträger stärker unterstützen, auch wenn es um das Beantragen von Fördermitteln des Bundes geht.
Das gilt im Übrigen auch für die Beantragung der Mittel aus dem Digitalpakt des Bundes. Weil es an den Schulen an Strukturen und Ressourcen fehlt, um für Digitalprojekte Geld anzufordern, wurde bislang erst ein (!) Prozent der den Berliner Schulen zustehenden Mittel beantragt. Jede digitale Infrastruktur ist aber nur so gut, wie die Lehrkräfte mit digitalen Lern- und Lehrangeboten arbeiten können. Es braucht hochwertige Lehrerfortbildungen, um diesen Anforderungen gerecht zu werden. Der gemeinsame Dialog und die Zusammenarbeit stehen für zukünftige Erfolge und Weiterentwicklung im Vordergrund. Ihre Erfahrungen und Handlungsempfehlungen können Unternehmer unter dem entsprechenden nebenstehenden Link mitteilen und so die IHK darin unterstützen, die digitalpolitische Taktik zu verfeinern und das notwendige politische „Umschaltspiel“ in Berlin zu verbessern.